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Nelli Graf: Chefermittler bleibt optimistisch

Ein Jahr nach dem Mord an Nelli Graf setzt die Kripo weiter auf die Mitwirkung der Haller Bevölkerung

Halle (WB). Das Grab von Nelli Graf auf dem Haller Friedhof fällt auf. Bunte und frische Blumen, kleine Herzen aus Stein und ein hoher Grabstein aus Granit, auf dessen Oberfläche kleine Sterne glitzern und am Rande eine steinerne Rose emporrankt.

Es war ein Freitag vor genau einem Jahr, als Nelli Graf unter mysteriösen Umständen ihr Haus verlassen hat und ihrem Mörder in die Hände fiel. In zwölf Monaten hat die Kripo rund 4400 Haller zum Gentest gebeten und mehr als 300 weitere Spuren verfolgt. Chefermittler Ralf Östermann bleibt optimistisch, den Fall lösen zu können, wenn die Haller weiter an der Aufklärung mitwirken.

Auf dem Grabstein ist kein genaues Sterbedatum vermerkt. Wann genau und unter welchen Umständen die dreifache Mutter und Ehefrau starb, ist weiter unbekannt. Der Chef der Mordkommission geht aber davon aus, dass Nelli Graf noch im Laufe des Freitags, 14. Oktober, getötet und schon in der Vollmond-Nacht zum 15. Oktober am Rande eines Waldstückes am Kölkenweg vergraben wurde. Weil ein direkt angrenzendes, als Sichtschutz dienendes Maisfeld bereits am 15. Oktober abgeerntet wurde, glaubt man an diesen Hergang. Östermann: »Wer auch immer an dieser versteckten Stelle war, hat sich ausgekannt.«

Der genetische Fingerabdruck des mutmaßlichen Täters, der an der Kleidung der Toten isoliert wurde, bleibt die bislang beste Spur. Doch auch sonst haben die Kriminalbeamten in diesem einen Jahr mehr als 300 einzelne Spuren verfolgt, um das mysteriöse Tatgeschehen aufzuklären.

»Kein Zufallsopfer«

Als Spuren bezeichnen die Kriminalbeamten insbesondere auch die Gespräche mit Bekannten, Verwandten, Freunden und Kollegen von Nelli Graf. »Wir sind überzeugt, dass Frau Graf kein Zufallsopfer ist, sondern es sich um eine Beziehungstat im weitesten Sinne handelt«, sagt Ralf Östermann. Wenn Täter und Opfer sich also in irgendeiner Form gekannt haben, ist das Wissen um die Begegnungen von Nelli Graf von großer Wichtigkeit. Und in diesem Punkt bleiben eventuell neue Aussagen von Bürgern von großer Bedeutung, auch ein Jahr nach der Tat.

Östermann relativiert im WB-Gespräch bisherige Zeugenaussagen, um so bei Hallern vielleicht noch einen frischen Blick auf den Mordfall zu erzeugen. »Wir wissen einfach nicht, was Frau Graf vorhatte und wo sie hinwollte, warum sie Portemonnaie, Schlüssel und Handy zuhause gelassen hat. Der Umstand, dass Fleisch aufgetaut wurde, das Mittagessen zubereitet werden musste und der Sohn bald aus der Schule kommen würde, deutet darauf hin, dass sie schnell wieder da sein wollte«, sagt Ralf Östermann. Dass sie zum heimlichen Rauchen zu einer Bank im Waldstück an der Hachhowe fahren wollte, hält der Kripomann für völlig ungesichert. Vielleicht sei Frau Graf in einem ganz anderen Teil von Halle unterwegs gewesen. Womöglich erinnere sich doch noch jemand, der Nelli Graf mit einer blauen Trainingsjacke des SC Halle bekleidet auf ihrem Fahrrad gesehen hat. Dazu bleiben für den Kriminalbeamten eventuelle Gespräche von hohem Interesse, die Nelli Graf an jenem Freitagmorgen oder auch -mittag womöglich auf der Straße in Halle geführt hat. Alle Personen, die bisher nicht von der Kripo befragt wurden, aber Informationen über den Umgang und die Gewohnheiten von Nelli Graf haben, werden gebeten, sich bei der Polizei zu melden.

Ungeklärte Begegnung

Eine bezeugte Begegnung mit einem Mann an Nelli Grafs Arbeitsstelle im Haller Lidl-Markt hat die Kripo bisher nicht näher aufklären können. Die Begegnung wurde einige Tage vor ihrem Verschwinden im Kassenbereich des Lidl-Marktes beobachtet. In dem Gespräch mit dem für sie offensichtlich bekannten Mann soll Nelli Graf eine betroffene Reaktion gezeigt haben. Gerne würde die Kripo darüber mehr wissen.

Wenn Nelli Graf unterwegs war, ist sie laut Östermann viel mit dem Fahrrad gefahren. Im Lidl habe sie auf Abruf gearbeitet. Am Tag ihres Verschwindens sollte sie um 15 Uhr mit der Arbeit beginnen. Grundsätzlich sei Nelli Graf sehr häuslich gewesen. Gelegentlich habe sie Schmuckparties mit und für Freundinnen veranstaltet. Auch bei einem religiös ausgerichteten Hauskreis sei sie gesehen worden, ebenso habe sie in einem kleinen Chor mitgesungen, der aber mittlerweile aufgelöst sei. Die Kontakte zu Arbeitskollegen seien oberflächlich gewesen. Gleichwohl bleibt der Mordkommissionleiter überzeugt, dass Täter und Opfer irgendwie miteinander bekannt waren.

Mord war vorbereitet

Das Tatgeschehen selbst wirft weitere Fragen auf. Warum wurden Mund und Augen des Opfers mit einem Panzerband verklebt? Die Kabelbinder, die zur Fesselung genutzt wurden, waren nach Überzeugung der Fallanalytiker vom Landeskriminalamt bereits vom Täter vorbereitet. Auch geht die Kripo davon aus, dass der Mord in einem umschlossenen Raum geschah, also in einem Haus, einem Schuppen oder einem Auto. Das Opfer wurde durch eine Vielzahl von Messerstichen getötet, so dass sich Östermann fragt, worin möglicher Hass und Wut des Täters begründet sein könnten. Die Tatwaffe, von der jede Spur fehlt, ist ein Messer, dessen Klinge mindestens zehn Zentimeter lang und zwei Zentimeter breit ist. Östermann stellt klar, dass keine Hinweise auf ein Sexualverbrechen bestehen.

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